Nach der noch einmal sehr erfolgreichen Party Vade
Retro (welche ich persönlich für eine der gelungensten
seit Jahren halte), erkläre ich Ragnarök hiermit
offiziell für beendet. Für den interessierten Leser möchte
ich hier die wichtigsten Beweggründe für diesen Schritt
darlegen:
- Das Publikum:
Im Laufe der mehr als 10 Jahre, in denen ich diese Parties organisierte,
hat sich das Publikum nicht gerade zum Besseren verändert (leicht
euphemistisch ausgedrückt). Dies betrifft nicht nur das rein
Äußerliche. Der Großteil der auf den einschlägigen
Parties anzutreffenden Gäste scheint seine eigenen Wurzeln
nicht zu kennen. Dies kann auch nicht verwundern, waren doch viele
davon noch nicht einmal geboren, als sich Ian Curtis in seiner eigenen
Küche erhängt hat. Es liegt mir zwar fern, das jüngere
Publikum generell vorzuverurteilen, aber was kann man prinzipiell
schon von einer Generation erwarten, die von MTV und VIVA erzogen
wird.
- musikalische Vorlieben:
Die musikalischen Vorlieben gerade des jüngeren Publikums sind
mir, gelinde gesagt, ziemlich fremd. Ich war noch nie ein Freund
von Massenkulturen (und dem ständigen Darbieten der immer gleichen
Musik - ja, auch Sol Invictus haben andere - und bessere - Stücke
produziert als "Black Easter", um nur ein extremes Beispiel
zu nennen). Aber genau das scheint der Großteil der "Szene"
zu erwarten (und die meisten Veranstalter sind nur allzu bereit,
ihnen genau dies zu geben - obwohl bei manchen von diesen durchaus
mehr Potential vorhanden wäre).
Ich habe jedoch nicht die Absicht, das Musikprogramm meiner Veranstaltungen
nach dem "Goth-Mainstream" zu richten. Ragnarök
sollte musikalisch immer etwas Besonderes bieten, und ich habe nie
einen Zweifel daran gelassen, daß es beendet sein würde,
sobald dies nicht mehr möglich wäre.
- fehlende Innovation:
In all diesen Jahren gab es immer wieder Strömungen innerhalb
dieser "Szene", die es wert waren, aufgegriffen zu werden
(Neofolk, Industrial/Noise, Mittelalter...) und die auch für
mich persönlich eine Bereicherung darstellten. Daran fehlte
es in den letzten Jahren. Nein, ich halte Auswüchse wie "GothMetal"
nicht für wertvolle Entwicklungen. Und bislang konnte mir noch
niemand erklären, was wohl "AngstPop" bedeuten sollte
(ja, mir ist ein Tonträger namens Auto-Da-Fe durchaus
geläufig).
Der logische und in meinen Augen wünschenswerte Schritt wäre
nun, sich der musikalischen Wurzeln wieder zu entsinnen (also "vade
retro"), aber dies ist wegen 1.) und 2.) wohl zum Scheitern
verurteilt.
- Zeitmangel:
Meine Zeit ist, im Gegensatz zu früheren Jahren, relativ knapp
bemessen. Veranstaltungen im Abstand von drei Monaten sind schlichtweg
nicht mehr möglich. Somit ist es auch deutlich schwieriger,
das Publikum an eher ungewohnte Klänge heranzuführen -
siehe 2.).
Dieser Punkt führt auch dazu, daß ich nicht die Muße
habe, mich ständig auf Veranstaltungen mit zunehmend schlechter
/ durchschnittlicher Musik (und ebensolchem Publikum) zu begeben,
um dort meine Einladungen zu verbreiten - einmal davon abgesehen,
daß man das Zielpublikum, welches mir vorschwebt, dort ohnehin
kaum mehr antrifft (nein, es wäre auch keine Option, statt
dessen Anzeigen in einschlägige Zeitschriften zu setzen).
- politische Irritationen:
Die momentan - auch in "unserer" Szene - ad infinitum
geführten politischen Auseinandersetzungen empfinde ich als
äußerst irritierend. Es mag ja durchaus zu verstehen
sein, daß z.B. die seit einiger Zeit vermehrt stattfindenden
Douglas-Pearce-Ähnlichkeitswettbewerbe mit Befremden wahrgenommen
werden. Ich persönlich hege hingegen an politischen Diskussionen
kein Interesse. Ich vertrete jedoch die Meinung, daß es nicht
angehen kann, daß erwachsenen Menschen (nun, mehr oder weniger)
vorgeschrieben wird, welche Konzerte sie zu besuchen haben (jedenfalls
halte ich diese Einschränkung meiner persönlichen
Freiheit für absolut inakzeptabel).
Wenngleich dieser Punkt doch nicht das Ende von Ragnarök
ausgelöst hat, so steigert diese Problematik nicht gerade meine
derzeitige Euphorie.
Dies alles bedeutet nicht, daß mir dieser Schritt leicht gefallen
wäre. Im Gegenteil: Vade
Retro habe ich sehr genossen. Und ginge es lediglich darum, weiterhin
gute Parties für ebensolche Leute zu machen, ich würde es
wohl auch zukünftig tun. Aber die Zeichen der Zeit sind unverkennbar.
Sollte ich mit diesen Zeilen einigen Lesern zu nahe getreten sein:
Was soll's. Ich habe in den letzten Monaten mit nicht wenigen Personen
über diese Gedanken gesprochen. Die meisten mußten mir
nach sehr kurzer Zeit zustimmen.
Abschließend ist noch zu sagen: Es war eine großartige
Zeit! Ich möchte sie nicht missen. Mein Dank gilt allen Menschen,
die mich dabei unterstützt, bzw. meinen Wahn ertragen ;-) haben.
Und nicht zuletzt all meinen Gästen, die etwas anspruchsvollere
Musik zu schätzen wußten.
Diese Seiten werden trotzdem - zumindest auf absehbare Zeit - auch
weiterhin unter der Domain ragnarok.de erreichbar sein. Ich
fürchte, ich kann mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, irgend
jemand könnte sich diese aneignen.
Heilige!
Tom
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